Die Kunst ist zwar nicht das Brot, aber der Wein des Lebens.
Christa Nothhelfer in der Laudatio auf Karl Lang bei der Retrospektive 1996 in Kunstforum Büsingen
Das Bild der Büsinger Bergkirche entstand kurz vor Karl Langs Aufnahme in die Kunstakademie Karlsruhe. Ein Architekt, der zum Ausmessen von K.L. Elternhaus gekommen war, wurde auf die Bilder Langs aufmerksam und machte diesen mit dem im wenige Kilometer entfernten Randegg lebenden Otto Dix bekannt. Dieser wurde prägend für den Werdegang Karl Langs.
Das ist ein muffiger Mann gewesen, der Dix; ich bin dagestanden wie der Esel am Berg, der nicht weiß, was los ist. Dann hat er mit den Achseln gezuckt und die Frau Dix hat gesagt: "Herr Lang, da ist was drin, da steckt Begabung drin." Dann hat er mir ein Zeugnis geschrieben, das habe ich der Kunstschule gebracht und habe dann dort Probezeit gemacht.
Aus den Lebenserinnerungen von Karl Lang, aufgezeichnet von Klaus Antons
Das älteste von Karl Lang erhaltene Ölbild, zur Zeit dessen Enstehung war K. L. 20 Jahre alt und Autodidakt. Dieses sowie das Bild der Bergkirche und ein nicht bekanntes drittes wurde 1935 von dem Architekten Ehrlich aus Singen Otto Dix vorgestellt, damit Langs Aufnahme in die Kunstakademie 1936 (versehen mit Unterstützung dessen damaligen Arbeitgebers sowie eines weiteren Sponsoren) in die Wege geleitet.
Aus dieser Zeit stammt auch ein in etwas pathetischer Sprache verfasster Zeitungsartikel über den damaligen Autodidakten Karl Lang:
Seine Freizeit hat er immer dazu benutzt, schönheitstrunken seine Heimat zu sehen, unser idyllisches Rheinufer mit der entzückenden Landschaft in wunderbarer Farbenharmonie im Bilde festzuhalten. Ohne jede Anleitung hat er zahlreiche, sehr beachtliche Orginal - Ölgemälde, Zeichnungen von Charakterköpfen usw. geschaffen, auf die zufällig ein Kunstkenner gestoßen ist. Ohne Zutun des bescheidenen jungen Mannes kamen die Bilder zur Kritik vor Fachkünstler und wurden zuletzt an der Akademie beurteilt. Überall, auch dort, hat man übereinstimmend anerkannt, dass zweifelsohne nicht ein gewöhnlicher Dilettant den Pinsel führt, sondern dass hier eine außergewöhnliche Begabung im "Holze" liegt.
Nach einem halben Jahr hat der Siebert (Professor an der Kunstakademie) gefragt, "Herr Lang, darf ich Bilder von Ihnen ausleihen?" Dann hat er die Frau mit den weißen Haaren, den Wilhelm und noch ein Bild zusammengepackt. Nach einer Woche gab er sie mir wieder: "Das ist nicht durchgegangen." Er wollte mit meinen Bildern erreichen, dass er eine Malklasse bekommt.
Nach Ablauf der zwei Jahre sagten meine beiden Kollegen, sie gingen zum Professor Göbel. Da bin ich mit ihnen gagangen und nach einem Jahr Meisterschüler von Göbel geworden. Ich habe ein Atelier bekommen, den Schlafplatz hat die Schule bezahlt, die die Räume zur Verfügung hatte.
Auf die Frage, dass in seinen Bildern so wenig Einfluss des Impressionisten Göbel zu sehen sei, vermutet er:
Göbel hatte möglicherweise zu viel Respekt vor dem großen Meister Dix, so dass er sich nicht getraut hat, mir dreizureden. Er hat mich einfach machen lassen, und da ich von ihm nie Bilder gesehen habe, konnte ich auch von ihm nichts abschauen. Aber er hat mich nie korrigiert.
in der Schule habe es nur Kopf- und Aktmalen gegeben, man sei nie nach draußen gegangen. Seine in diesen Jahren in den Ferien gemalten Alpenbilder zeigen noch am ehesten die impressionistisch - pointallistische Charakteristik und wurden auch ausgestellt. Anderes nicht. Dass sein Verhältnis zu Göbel nicht ungespannt war, belegen folgende Anekdoten:
Ich habe dann im Atelier angefangen zu malen und da reingebuttert: ein Selbstportrait in einem grellen gelben Mantel , mit Krawatte, farbig, mit rot in den Ohren. Das Bild ist verbrannt bei der Bombardierung. Auf einmal kommt der Professor, um zu sehen, , was in meinem Atelier los ist - ob da geschafft wird, oder ob ich da Weiber habe. Da sieht er das Bild und fragt: "Warum haben Sie das Bild nicht zur Ausstellung gegeben?" Ich sage: "Ja.." Da hat er sich auf dem Absatz rumgedreht und ist wortlos gegangen - ja, jeder Professor möchte doch zeigen, dass seine Schüler etwas sind.
Zum Schulabgang hatte er mich eingeladen zu einem Kaffee und gesagt: "Sie haben den Gestellungsbefehl. Darf ich Ihnen einen guten Rat geben? Gehen Sie zur Sanität. Sie sind Kunstturner? Seien Sie nicht zu tüchtig - aber auch nicht der Schlechteste." Ich war ja im Dorfverein, aber das Strammstehen hat mir nicht so gepasst. Der Rat hat mir gut getan, den habe ich befolgt.
Aus den Lebenserinnerungen Karl Langs, aufgezeichnet von Klaus Antons
Kriegsjahre
Aus den Aufzeichnungen von Klaus Antons über das Leben Karl Langs:
Der zweite Weltkrieg hatte begonnen, als er sein Studium abschloss. Im April 1940 wurde er eingezogen.
Er wurde zum Sanitäter ausgebildet, nach einem Schulterdurschschuss wieder eingezogen und mit der Armee quer durch Europa verfrachtet: von der Tscheschei
nach Frankreich, dann an die Ostfront, wo er das Glück hatte, aus dem Stalingrader Kessel zu entkommen.
Er habe weder den Krieg gemocht, noch die Nazis, lieber habe er gemalt. Das Angebot, Unteroffizier zu werden, habe er ausgeschlagen - unter anderem, weil man die Unteroffiziere gehasst habe. Er berichtet auch vom Widerstand gegen Schikanen und Strafversetzungen; offenbar gelang es ihm, mit Mutterwitz manchen riskanten Situationen zu entkommen. Mehrfach fand er bei den Vorgesetzten Gönner, die ihm eine günstige Position verschafften, so dass er malen konnte. Die Weißruthenin sowie das Bild von Witebsk entstanden, aber auch Auftragsportraits. Eine künstlerische Entwicklung in den Kriegsjahren ist kaum anzunehmen, er weiß jedenfalls darüber nichts zu berichten. Nach der Kapitulation macht er sich auf die Flucht nach Westen, wird auf deutschem Boden gefangengenommen und von Strassburg aus in ein Lager in Südfrankreich verbracht. Nach einem Jahr in französischer Kriegsgefangenschaft ist er imFrühjahr 1946 wieder zu Hause.
Zusammen mit seinem Schwager Guy Smith-Barry unternahm Karl Lang Reisen in die Alpen und nach Südfrankreich. Das Motiv vom Steinbruch aus Südfrankreich, wahrscheinlich Les Baux de Provence, unweit von St Remy gelegen, wurde auch von Claire Bertrand-Eisenschitz sowie von Guy Smith-Barry umgesetzt.
"Mit vierzehn bin ich aus der Schule, daheim waren Vater und Brüder alle arbeitslos, aber ich habe das nicht lange gemacht. Ich bin losgezogen ins Ebnat raus und habe bei der Maßstabfabrik Arbeit bekommen, mit 14 Jahren..."
Aus den Lebenserinnerungen Karl Langs, aufgezeichnet von Klaus Antons
"Nach zwei Jahren habe ich zum Professor gesagt: Ich will nicht Graphiker werden, ich will nicht zwei Jahre herumzeichnen, ich bin Maler! Der Siebert war ein feiner Kerl und antwortete:
Bringen Sie Ihren Malkasten mit! Alle Anderen haben dann gezeichnet und ich habe gemalt.
Über Sonntag hatte ich nichts zu tun, ich hatte doch kein Geld, um Lustbarkeiten mitzumachen. Da habe ich den Pedell gebeten, mich in die Akademie einzuschließen. Da hat es dann Totenköpfe gegeben zum Zeichnenlernen; an diesem Sonntag habe ich dann den Totenkopf gemalt. Der Professor war dann überrascht, als er das sah. Kommen Sie, sagte er, und führte mich in den Aktsaal. Da habe ich dann meine Sachen aufgebaut und als einziger Maler dort gemalt."
Aus den Lebenserinnerungen Karl Langs aufgezeichnet von Klaus Antons
Nach dem Krieg habe ich den Zigeunerkopf und das Kind und noch etwas unter den Arm genommen und bin zum Professor Schaad (Werner Schaad, 1905-1979, Schaffhauser Maler, von 1949 - 1956 Konservator am Museum Allerheiligen, Schaffhausen).
Er hat sie angeschaut und mich gefragt, ob ich Bildhauer sei, wohl weil der Kopf vom Zigeuner so ausmodelliert sei. Ich habe dann gesagt, dass ich von Büsingen sei, ob es da nicht eine Möglichkeit gäbe, im Kunstverein auszustellen. Er hat mich dann zum Sekretär vom Kunstverein verwiesen und der hat gesagt: "Sehen Sie, wir haben so viele Leute, die Bilder für Ausstellungen eingeben, da können wir nicht noch einen Ausländer nehmen. Da habe ich gesagt: "Gut, dann weiß ich, woran ich bin."
Aus den Lebenserinnerungen Karl Langs, aufgezeichnet von Klaus Antons
Aus den Aufzeichnungen von Klaus Antons über das Leben Karl Langs:
Zwischen 1967 und 1987 geht er oft mit seinem Schwiegersohn Franz und dessen Familie in die Schweizer Berglandschaften und ins Ausland. Franz, ein begeisterter Bergwanderer, bewährt sich dabei als Träger und als Motivlieferant:
Die mächtigen Dinger (Jungfrau und Mönch, Weisshorn sowie Zinalrothorn u. a.) haben mich fasziniert. Franz hat mir, wenn es gestürmt hat, die Staffelei gehalten, damit die nicht fortweht. Der Schwager, ein Engländer, den meine Schwester geheiratet hat, der war Bergsteiger - er war in Korsika, im Himalaya, inder Schweiz. Der hat mich dann auch ins Wallis und nach Südfrankreich eingeladen.